Interview mit dem Standfotograf Uwe Ernst

Der Standfotograf Uwe Ernst begleitet seit 2001 die Produktion zur ZDF-Küstenwache. Lesen Sie hier ein interessantes Interview über die Arbeit eines Standfotografen. Weitere Informationen über Uwe Ernst und seine Arbeit erhalten Sie unter www.image-point.de und nun viel Spaß beim Lesen.

J. Plötzner: Hallo Herr Ernst. Sie sind der Standfotograf bei der ZDF-Serie Küstenwache. Wozu dienen Standfotos bei einer Fernsehproduktion?

U. Ernst: Standfotos werden zur Sendeankündigung eines Film- oder TV-Projektes am Rande der Dreharbeiten erstellt. Der Standfotograf ist bei den Dreharbeiten vor Ort und lichtet prägnante Szenen ab. Die Bilder werden im Vorfeld der Ausstrahlung in Programmzeitschriften, Online auf den Webpages des Senders oder der Filmproduktion und in Pressemappen etc. publiziert. Zudem finden sie Verwendung auf Filmplakaten, CD- und DVD-Covern und auf Autogrammkarten der Schauspieler. Dabei hat sich der Standfotograf zwar möglichst genau an der vom Kameramann inszenierten Szene zu orientieren, muss aber manchmal auch eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen, denn als Fotograf kann man ja nicht, wie ein Kameramann, mit Schuss- und Gegenschuss arbeiten, mit Overshoulder-Einstellungen oder Schwenks.

J. Plötzner: Was für eine Ausbildung wird benötigt, um Standfotograf zu werden?

U. Ernst: Eine solide fotografische Ausbildung ist notwendig. Leider gibt es heutzutage viel zu viele Quereinsteiger, die dank digitaler Technik und scheinbar unbegrenzten Nachbearbeitungsmöglichkeiten, glauben, ein wenig fotografieren zu können. Glücklicherweise trennt sich relativ schnell die Spreu vom Weizen und solche "Knipser" verschwinden wieder vom Markt. Und wie in allen kreativen Berufen gibt es neben dem handwerklichen Fähigkeiten, die sich nicht erlernen lassen

J. Plötzner: Seit wann begleiten Sie die Produktion der Küstenwache als Standfotograf?

U. Ernst: Ich begleite die ZDF-Küstenwache seit 2001 als Standfotograf.

J. Plötzner: Wie erhalten Sie die Einsatztage für Produktionen?

U. Ernst: Im Allgemeinen legt die Produktionsfirma die Einsatztage fest, dies variiert jedoch von Auftraggeber zu Auftraggeber.

J. Plötzner: Begleiten Sie auch andere Produktionen?

U. Ernst: Selbstverständlich bin ich noch für andere Fernseh- und Filmproduktionen tätig. Eine ausführliche Filmografie findet man unter www.image-point.de, obwohl die Seite dringend upgradebedürftig ist.

J. Plötzner: Ich habe gelesen, dass Sie neben der Fotografie auch journalistisch tätig sind und Reportagen schreiben.

U. Ernst: Da ich nicht nur eine fotografische, sondern auch eine journalistische Ausbildung habe, schreibe ich selbstverständlich und auch gern Reportagen. Standfotos werden meist nur beschriftet, d.h., man muss kenntlich machen, um welche Szene aus welcher Folge es sich handelt und welche Schauspieler auf dem Bild in welcher Aktion zu sehen sind. Ausgiebige Reportagen verfasse ich zu meinen eigenen Projekten und Reisen, zudem bin ich für verschiedene Publikationen und als Autor und Sprecher für einen Radiosender tätig.

J. Plötzner: Sie werben auf Ihrer Homepage, dass sich bei Ihnen vor der Kamera jeder wie ein Star in Szene setzen lassen kann. Können Sie aus jedem ein "Star" per Foto machen und ist es für jedermann erschwinglich?

U. Ernst: "Lassen Sie sich in Szene setzen wie ein Star, wer möchte das nicht? Ein wichtiger Punkt bei solchen Shootings ist ein ausgiebiges Vorgespräch“, schließlich hat ja jeder Mensch ein anderes Bild von sich" So ist es schon vorgekommen, dass eine Frau, die ich eher als sportlich und bodenständig empfinde, sich lieber sinnlich und verführerisch fotografiert werden möchte. Ein guter Fotograf hat da Dienstleister zu sein, finde ich. Nach diesem Vorgespräch biete ich verschiedene Ideen an: verschiedene Locations, verschiedene Outfits, entwickele Ideen zur Inszenierung und zur handwerklichen Umsetzung. Wenn die ganzen Vorarbeiten abgeschlossen sind, trifft man sich zum Fotoshooting, am liebsten vor Ort und nicht im nüchternen Studio. Hamburg und Umgebung bieten glücklicherweise viele Orte, an denen man hervorragend fotografieren kann. Gerade wenn es um Beauty-Shots geht, also speziell Frauen, hübsch in Szene gesetzt werden sollen, muss zwingend eine Maskenbildnerin vor Ort sein. Nach dem Fototermin werden die Bilder digital bearbeitet und standardisiert und der Kunde bekommt Kontaktbögen und Foto-CDs. Auf ihre Frage, ob das für jedermann erschwinglich sei: Die Preise sind oft Verhandlungssache und richten sich nach dem Aufwand. Bislang hat sich jedoch noch niemand beklagt, dass wir zu teuer sind.

J. Plötzner: Reisen für Fernsehproduktionen auch in ferne Länder?

U. Ernst: Noch vor wenigen Jahren, als die Budgets der Fernsehsender üppiger waren, wurde öfter im Ausland gedreht. Als Standfotograf war ich beispielsweise 1997 mit dem Team der ARD-Serie "Gegen den Wind" in Südafrika und 2000 mit der Nachfolgeserie "Die Strandclique" in Vietnam. Als Pressefotograf war ich indes wesentlich öfter im Ausland, so u.a. kreuz- und quer durch Europa, in den USA, Thailand, der ehemaligen UdSSR und dem Irak. Gerade bin ich von einer mehrwöchigen Reportagereise aus Indien zurückgekehrt, wo ich unter anderem einen Bericht über die Bremer Fördergemeinschaft für Kinder in Indien gemacht habe, die Impfcamps in Slums durchführt. Mir liegt diese Initiative sehr am Herzen. In zwanzig Jahren Fotojournalismus habe ich nur wenige Projekte vor der Linse gehabt, die mich so beeindruckt haben: Eine Handvoll engagierter Bremer, die in Zusammenarbeit mit Ärzten indische Slumkinder für nur wenige Cent durchimpfen lassen, mehr als 200.000 Kinder bislang. Informationen gibt es unter www.bombay.to  und bald auch mehr auf meiner eigenen Homepage.

J. Plötzner: Sind Sie während der Produktionstage jeden Tag am Set vor Ort?

U. Ernst: Ich pendele während der Produktionsmonate zwischen Hamburg und Neustadt, es wäre auch gar nicht sinnvoll, an jedem Drehtag anwesend zu sein.

J. Plözner: Welche Situation oder Erinnerung haben Sie beim Dreh der Küstenwache, die Ihnen unvergessen ist?

U. Ernst: Der spannendste und auch anstrengendste Fototermin bei der ZDF-Küstenwache war 2002, als wir bei hohem Seegang vor Damp 2000 auf einem U-Boot gedreht haben. Nicht nur das Schiff war spannend und ungewöhnlich, da wir von einem Beiboot aus gefilmt haben und ich mit einer sehr langen Brennweite arbeiten musste, habe ich jede Welle im Objektiv stärker wahrgenommen, als sie tatsächlich war. Mit der ersten und bislang einzigen Seekrankheit hat das Fotografieren dann gleich doppelt soviel Spaß gemacht.

J. Plötzner: Sehen Sie sich dann die fertigen Folgen bei der Ausstrahlung im Fernsehen an?

U. Ernst: Selbstverständlich sehe ich die Küstenwache im Fernsehen und halte sie für eine hervorragend gemachte, gut gefilmte und spannend inszenierte Krimiserie an einem außergewöhnlichen Ort. Denn Krimis gibt es viele im deutschen Fernsehen, aber keinen auf hoher See! Dazu interessante und gute Schauspieler, ein Super-Team, die Mischung stimmt. Nicht umsonst drehen wir seit April die mittlerweile zehnte Staffel der Küstenwache.

J. Plötzner: Wie finden Sie es, dass es eine Fanpage zur ZDF-Küstenwache gibt?

U. Ernst: Die Fanpage habe ich mir angeschaut, Foren indes sind meine Sache nicht. Ich finde es aber großartig, dass es Fans gibt, die mit viel Herzblut solche Foren und Websites betreiben.

J. Plötzner: Dann möchte ich mich ganz herzlich für dieses tolle Interview bei Ihnen bedanken und wünsche Ihnen, dass Sie immer das für Sie beste Foto schießen.