Drehbuchautor Jan von der Bank

Wer ist Jan von der Bank?

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Dumme Frage, werden Sie sagen. Das steht doch in der Überschrift: Drehbuchautor.

Aber so einfach ist das nicht....

Immer wieder lese ich den Namen Jan von der Bank:

- in den Tageszeitungen und der Segelfachpresse und,

- wenn ich für Sie die Sendungen der „Küstenwache“ ins Internet stelle.

Er ist eben nicht „nur Drehbuchautor“, sondern eigentlich von Beruf Architekt und sozusagen im „Nebenberuf“ erfolgreicher Regatta-Segler.

Also, das muss doch ein interessanter Interviewpartner sein!

Ich frage Jan von der Bank, ob er zu einem Interview bereit ist. Er sagt ja, und wir verabreden uns! Bevor ich mich mit einem Interviewpartner treffe, versuche ich im Vorfeld erst ein Mal herauszubekommen, was es Wissenswertes über diese Person gibt.

Jan von der Bank ist 1967 im Saarland geboren. 1986 machte er sein Abitur in Mainz. Dann leistete er Grundwehrdienst bei der Marine, unter anderem auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock”. Anschließend absolvierte Jan von der Bank ein Architekturstudium an der Kieler Muthesius Kunsthochschule, das er 1992 mit dem Diplom Ing. abschloss. Danach war er als freier Architekt tätig.

1995 gewann Jan von der Bank einen Talentwettbewerb für die WDR-Serie „Gegen den Wind“. Seitdem arbeitet Jan von der Bank ausschließlich als Drehbuchautor.

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Bereits seit seiner Kinderzeit ist Jan von der Bank leidenschaftlicher Segler. Im Jahr 2005 gewann er die Weltmeisterschaft der Contender, die im Rahmen der 116. Travemünder Woche ausgetragen wurde. Die Contender-Jolle ist ein kleines, sehr sportliches Einhandboot, wird also nur von einer Person gesegelt. Um damit klarzukommen, muss man außerordentlich athletisch segeln können.

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Auch im Jahr 2007 war Jan von der Bank wieder sehr erfolgreich: Während der Kieler Woche 2007 wurde er Erster in der Contender-Klasse und ersegelte Bronze bei der Weltmeisterschaft. Somit liegt er in der Rangliste seiner Klasse von 120 bewerteten Seglern auf Platz 1.

Für die „Küstenwache“ hat Jan von der Bank folgende Drehbücher geschrieben:

4. Staffel:

Folge 37 - Yachten im Bermuda Dreieck

Folge 41 - Regatta auf Leben und Tod

Folge 44 - Schleuserjagd

Folge 47 - Böser Schatten

5. Staffel:

13.05.24, 08:10 Jan von der Bank - Drehbuchautor

Folge 52 - Riskantes Glückspiel

Folge 55 - Übergabe auf See (zusammen mit Joachim Becker)

11. Staffel:

Folge 128 - Brennendes Geheimnis

Folge 137 - Mörderische Erbschaft (zusammen mit Felix Haß)

Folge 146 - Das Geheimnis der Hansekogge

Auch in der 12. Staffel der „Küstenwache“ ist Jan von der Bank wieder mit neuen Stoffen vertreten, zum Bespiel: Folge 149 - Die Büchse der Pandora, die wir schon sehen konnten, und Folge 161 – Mayday, die am 14. Januar 2009 ausgestrahlt wurde.

Außerdem hat er Drehbücher geschrieben für „Stolberg“, ZDF, Tatort – Schichtwechsel“, NDR, „Der Fahnder“, WDR, „Gegen den Wind“, WDR, und einen Kurzfilm mit dem Titel „Chinesische Büstenhalter“ gedreht, für den er das Drehbuch schrieb und bei dem er auch Regie führte.

Nachdem ich mich über Jan von der Bank informiert habe, treffen wir uns zu dem Interview.

emr:

Sie sind im Saarland geboren und haben in Mainz Ihr Abitur gemacht. Das sind nicht gerade prädestinierte Standorte zum Segeln. Wie kam es dazu, daß Sie so ein begeisterter Segler wurden?

Jan von der Bank:

Ich bin durch meinen Vater zum Segeln gekommen. Der hat übrigens auch ein Kapitänspatent der Marine. Segeln und Seefahrt wurde bei uns also immer groß geschrieben, auch wenn wir im Binnenland gewohnt haben.

emr:

Haben Sie wegen dieser Segelleidenschaft Ihren Grundwehrdienst bei der Marine gemacht?

Jan von der Bank:

Klar!! Als ich zur Grundausbildung bei der Marine eingerückt bin, hatte ich meine eigene Jolle dabei, weil ich gerade von einer Regatta kam. Ich fragte als erstes: „Wo kann ich mein Boot hinstellen?“ Die Antwort war: „Wir haben hier eigene Boote!“

emr:

Von welchem Beruf haben Sie als Kind geträumt? Vielleicht Kapitän??

Jan von der Bank:

Zuerst wollte ich gern Schiffskoch werden, dann Kapitän und später Schriftsteller. Jetzt bin ich ein bisschen von allem.

emr:

Sie sind ausgebildeter Architekt – auch wenn Sie jetzt nicht mehr in diesem Beruf arbeiten - und Drehbuchautor. Beides sind sehr kreative Berufe, und in beiden Berufen muß man die Wünsche des Auftraggebers berücksichtigen. Stört Sie diese Einschränkung, oder ist das gerade besonders reizvoll?

Jan von der Bank:

Es hat mich schon in meinem Architekturstudium mehr interessiert, ein Haus für eine enge Baulücke zu planen, als eines auf einer der grünen Wiese mit allen Freiheiten. Darum schreibe ich jetzt - glaub ich -auch lieber Serien als 90-Minüter. Im Übrigen sind beide Berufe nicht so weit voneinander entfernt, wie man vielleicht meinen könnte. Als Architekt visualisiert man ein Gebäude, das es noch nicht gibt. Als Drehbuchautor hat man die Bilder eines Filmes im Kopf, der erst noch gedreht werden muss. Manchmal zeichne ich mir bei der Arbeit an einem Drehbuch sogar einen richtigen Plan, um Abläufe, Werbeunterbrechung und Plot Points besser setzen zu können. (plot point ist eine Überraschung im Lauf einer Handlung: etwas anderes als das, womit gerechnet wurde, tritt ein oder wird plötzlich erwartet - red. Anm.) Und auch ein Film braucht ein gewisses statisches Gerüst, sonst klappt einem die Handlung zusammen.

emr:

Wie kommen Sie zu den Ideen für den Stoff? Fällt Ihnen spontan eine Geschichte ein?

Jan von der Bank:

Manchmal ist das in 30 Sekunden da, manchmal setzt sich das über einen langen Zeitraum aus ganz vielen Einzelteilen zusammen. Manchmal kommen bestimmte Wünsche auch von OPAL oder dem ZDF und mir bleibt dann die knifflige Aufgabe, die Einzelteile zu einer spannenden, funktionstüchtigen Geschichte zusammenzusetzen. Generell ist es für mich natürlich von Vorteil, dass ich hier an der Küste lebe, Segler bin und sozusagen das Ohr am Wind habe.

emr:

So mancher träumt davon, etwas zu schreiben, das dann verfilmt wird, aber es ist etwas ganz anderes, eine gute Geschichte zu schreiben, als ein Filmbuch. Was sind die Besonderheiten, die dabei zu berücksichtigen sind? Wie gehen Sie also vor, wenn Sie eine Idee für einen Stoff haben?

Jan von der Bank:

Der Hauptunterschied besteht wahrscheinlich einfach darin, daß ich mein Geld damit verdienen muss. Dazu muss man den Markt genau kennen und wissen, was der Zuschauer erwartet. Einfach irgendwas drauflos schreiben funktioniert da nicht. Man kann sich das in etwa wie den Unterschied zwischen einem guten Hobbykoch und einem Profikoch vorstellen. Der erste kocht das, was er und seine Familie selber gerne essen, der Profi muss die Wünsche seiner Restaurantgäste erkennen und berücksichtigen, preisgünstiges aber qualitativ hochwertiges Fleisch einkaufen, und hinterher möglichst noch soviel daran verdient haben, dass der Laden nicht nächste Woche pleite ist. Besonders letzteres, das Thema Produktionskosten und Machbarkeit, sind bei einem so speziellen Format wie der „Küstenwache“ extrem wichtig. Dreharbeiten auf dem Wasser zum Beispiel können sehr schnell einen Aufwand entstehen lassen, der einfach nicht mehr realisierbar ist. Ich muss beim Schreiben also immer auch den Produktionsprozess mitdenken. Eine Branchenweisheit sagt, dass ein Drehbuch, das mit den Worten „Rom brennt!“ beginnt  (im Falle unserer Küstenwache also vielleicht „sinkender Supertanker in Flammen“), von vorneherein kaum eine Chance hat.

emr:

Insbesondere, wenn Sie ein Drehbuch für die „Küstenwache“ schreiben, gibt es von vornherein Personen,die in den Stoff eingebunden werden müssen. Haben Sie dann bei Ihrer Arbeit diese Figuren im Kopf und können ihnen sozusagen den Text auf den Leib schreiben?

Jan von der Bank:

Ja, das ist genau das Schöne daran. Wenn man die Figuren kennt, ist man so gut wie mit ihnen befreundet. Manchmal freue ich mir beim Schreiben regelrecht einen Ast, wenn ich „meinem“ Ehlers oder „meinem Gruber“ ein besonders schönes Bonmot oder eine besonders clevere Antwort in den Mund legen kann.

emr:

Aus den Unterlagen, die mir die OPAL Filmproduktion für meine Arbeit zur Verfügung stellt, kann ich ersehen, dass die Episoden zumeist erst einmal sogenannte Arbeitstitel haben. Wenn sie dann ausgestrahlt werden, weicht der Folgentitel oft vom Arbeitstitel ab. Wer gibt den Folgen den Namen? Stammen die Vorschläge vom Drehbuchautor?

Jan von der Bank:

Das macht in der Regel die Redaktion in Mainz, um die Erwartungshaltung der Zuschauer besser treffen zu können.

emr:

Eine Frage zu den Namen der Figuren, außer natürlich denen der Albatros-Crew: Gibt der Drehbuchautor seinen Figuren die Namen? Es hat schon manches Mal recht amüsante Situationen am Set gegeben, wenn den Hauptdarstellern aus der Fülle der auf sie einstürmenden, immer wieder neuen Namen partout nicht einfiel, dass zum Beispiel die bezaubernde alte Dame in Ihrer Folge „Mörderische Erbschaft“ Emma von Sumin-Suminski hieß – meisterlich dargestellt von Maria Sebaldt.

Jan von der Bank:

Ja, die Namen der so genannten „Episodenfiguren“ stammen von den Autoren. Emma von Sumin[1]Suminski zum Beispiel ist eine kongeniale Namensschöpfung meines Kollegen Felix Haß, mit demzusammen ich die „Mörderische Erbschaft“ geschrieben habe. Alleine schon vom Klang her macht dieser Name den alten ostpreußischen Landadel lebendig. Für die meisten meiner Figuren versuche ich meistens, kurze einprägsame Namen zu finden, die sich phonetisch auch gut von denen unserer Serienhelden unterscheiden.

emr:

Was mir persönlich an der „Küstenwache“ besonders gut gefällt, ist daß jede Episode inhaltlich in sich abgeschlossen ist, also keine Fortsetzungsgeschichte. Dennoch muß man, wenn man einen Episodenstoff erarbeiten will, viele Details aus anderen Folgen kennen, um die Figuren kontinuierlich darzustellen. Bedeutet das für Sie, daß Sie regelmäßig die Folgen der „Küstenwache“ anschauen?

Jan von der Bank:

Eigentlich ja – nur nicht, wenn ich gerade selber an einer Folge schreibe. Die Kontinuität innerhalb einer Staffel wird allerdings durch die Producerinnen Ursula Pfriem und Kerstin Lipownik gewährleistet, die jedes Buch auf eventuelle Unstimmigkeiten durchkämmen.

emr:

Soweit ich weiß, muss ein Autor eng mit der Produktion zusammenarbeiten, bevor sein Buch endgültig zur Verfilmung freigegeben wird. Mit wem arbeiten Sie Ihre Bücher durch und wie ist bei dieserZusammenarbeit die Aufgabenverteilung?

Jan von der Bank:

Die Produzentin, die für den jeweiligen Drehblock verantwortlich ist, ist meine wichtigste Ansprechpartnerin. Natürlich nehmen auch die Redakteurinnen in Mainz in unterschiedlichen Maßen auf jede Folge Einfluss. Produktionsleiter und Regisseur haben - Stichwort Machbarkeit – auch noch ein Wörtchen mitzureden. Wenn es Änderungswünsche oder –Notwendigkeiten gibt, versuche ich kreative Lösungen zu finden, ohne dabei die Handlung meines Drehbuches aus den Augen zu verlieren. Dabei müssen alle Seiten kompromissbereit sein. Auf keinen Fall darf man auf Stur stellen und sagen: Genau so muss es gemacht werden! Als Autor einer Fernsehserie ist man Dienstleister und kein Künstler! Und was die Zusammenarbeit mit der Opal oder den Damen aus Mainz angeht, kann ich nur sagen: Es macht wirklich extrem viel Spaß und wir ziehen alle am gleichen Strang – was in meinem Beruf definitiv keine Selbstverständlichkeit ist...

emr:

Zu einem so kreativen Produkt, wie einem Filmstoff, hat man ja eine enge persönliche Beziehung; es ist fast wie bei einem Kind. Dann marschiert das „Kind“ – also das Drehbuch – hinaus in die Welt. Es gerät in die Hände des Regisseurs und des Kameramannes, die mit Hilfe der Schauspieler daraus einen Film machen. Anschließend durchläuft der Film die Postproduktion und bekommt vom Komponisten die Musik, die die Wirkung der Bilder erst vollkommen macht. Das ist ein langer, aber ebenfalls sehr kreativer Prozeß, der – wenn die daran Beteiligten Könner ihres Faches sind – aus dem „Kind“ sozusagen eine „starke, eigenständige Persönlichkeit“ macht. Wie ist das für Sie, wenn Sie dann Ihr „Kind“ wiedersehen?

Jan von der Bank:

Ach, beim ersten Kind ist das alles noch sehr aufregend, aber jeder, der mehr als fünf Kinder hat, der weiß dass sich dann eine gewisse Gelassenheit einstellt. Was aber nicht heißt, dass man nicht auf jedes einzelne Kind stolz ist. Allgemein ist klar: Filmemachen ist ein kollektiver Prozess. Jeder tut seinen Teil dazu. In meinem Fall ist das im Idealfall ein spannendes, gut funktionierendes Buch mit griffigen Dialogen. Ich bin aber immer wieder aufs Neue überrascht, wie viel mehr und unerwartet Neues dann noch durch die Leistungen von Regie, Kamera und Ausstattung dazu kommen – von den schauspielerischen Leistungen unseres tollen Ensembles ganz zu schweigen.

emr:

Waren Sie schon mal in Neustadt bei den Dreharbeiten zur „Küstenwache“ dabei?

Jan von der Bank:

Am Set ist der Regisseur der uneingeschränkte Mittelpunkt. Wenn man da als Autor erscheint, wäre das störend. An sich wäre es aber toll, wenn man als Autor gelegentlich mal als Gast bei den Dreharbeiten dabei sein könnte. Vielleicht bei der Folge eines Kollegen. Das wäre bestimmt sehr lehrreich. Wenn man sich vorstellt, was ein einziger Satz wie „Saskia Berg entwindet dem Angreifer die Pistole“ am Set für einen Aufwand bedeuten kann... Man verliert beim Schreiben so leicht die Umsetzbarkeit aus dem Blick.

emr:

Worüber ärgern Sie sich am häufigsten?

Jan von der Bank:

Als Privatperson versuche ich einfach, mich so wenig wie möglich zu ärgern, was mir natürlich nicht immer gelingt. Als Drehbuchautor ärgere ich mich immer, wenn ich im Fernsehen unnötige Gewalt sehe, was gerade bei Krimiformaten ein heikles Thema ist. Wenn Gewalt zu freizügig benutzt wird, stumpft der Zuschauer ab. Ich war sehr stolz, dass der „Spiegel“ meinen Tatort „Schichtwechsel“ als „erstaunlich gewaltfrei“ lobte. In dem ganzen Film fällt kein einziger Schuss.

emr:

Haben Sie einen Traum, den Sie gern verwirklichen würden?

Jan von der Bank:

Privat habe ich natürlich tausend Träume, und ein paar von denen verwirkliche ich auch immer mal wieder. Zum Beispiel darf ich in diesem Sommer mit meiner Freundin und meinen beiden Töchtern (4 und 0,5 Jahre) einen herrlichen, langen Segeltörn im Mittelmeer machen. Als Drehbuchautor träume ich natürlich davon, die 500. Folge der „Küstenwache“ zu schreiben. (Jetzt lachen wir beide herzhaft und versuchen, auszurechnen, wie viel Folgen noch produziert werden müssten und ob wir das beide noch erleben könnten. Das Ergebnis fällt für Jan von der Bank natürlich eindeutig günstiger aus, als für mich! Aber insgesamt wären das nur noch 14,5416666 Jahre. Die Chancen sind also sehr gut! Eventuell sogar für mich!)

emr:

Ich bedanke mich sehr herzlich bei Jan von der Bank für die Zeit, die er mir gewidmet hat und wünsche ihm weiterhin viele gute Ideen und Erfolg in jeder Beziehung.

Fotos: Uwe Paesler (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Jan von der Bank) und emr

Interview geführt am Montag, 28. Januar 2008