Jürgen Plötzner:
Hallo Christian, wo bist Du geboren?
Christian Klopp:
9.965926 E, 53.571138 N
(Anmerkung v. Jürgen- Google Map aufrufen)
Jürgen Plötzner:
Wie alt bist Du?
Christian Klopp:
Meist so alt wie ich mich fühle, mal jünger, mal älter.
Einen Monat nach Woodstock wurde ich sechs.
Jürgen Plötzner:
Als Kind hat man ja oft viele Ideen, was man später werden möchte. Wie war das bei Dir? Was wolltest Du gerne werden?
Christian Klopp:
Die Frage kommt mir bekannt vor, doch an die Antwort erinnere ich mich nicht. Ich habe gerne gezeichnet, fotografiert und bin Go-Kart gefahren. Über berufliche Optionen habe ich mir damals noch keine Gedanken gemacht.
Jürgen Plötzner:
Jetzt bist Du Kameramann. Dieser Beruf setzt ein sehr großes Fachwissen voraus. Welche Ausbildung hast Du gemacht?
Christian Klopp:
Begonnen hat sicher alles damit, dass ich die Dia-Abende daheim mochte, Comics las und früh einen Fotoapparat geschenkt bekam. Mein Vater ging oft mit mir ins Kino. Überhaupt ist Filme gucken für mich wichtig geblieben. Nach dem Abitur wollte ich Fotograf werden, doch ich entschied, mich an der Fachschule für Optik und Fototechnik einzuschreiben und den Beruf des Kamera-Assistenten zu erlernen. Dafür waren Praktika notwendig, während denen ich Kameramänner kennen lernte, die mir später die ersten Chancen gaben, in der Praxis zu arbeiten. So wurde ich Material-Assistent, dann kam das Studium in Berlin an besagter Schule über zwei Jahre, weitere sieben Jahre als erster Kamera-Assistent, dann Schwenker und Kameramann für kleinere Projekte (low- und no-budget). Doch habe ich die Position des Lernenden nie verlassen. Es kommen immer neue Erfahrungen hinzu...
Jürgen Plötzner:
Wie funktioniert das in der Praxis? Wie bekommst Du Deine Aufträge?
Christian Klopp:
In den Jahren der Zugehörigkeit zu dieser Branche sind mir einige Menschen über den Weg gelaufen, die sich glücklicherweise auch noch daran erinnern. Bis dahin war der Wille, Durchhaltevermögen, Zuversicht und ein Quäntchen Glück unabdingbar. Unterdessen kommen einigermaßen zuverlässig und regelmäßig Anrufe mit Angeboten.
Jürgen Plötzner:
Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, um einen solchen Auftrag anzunehmen?
Christian Klopp:
Wichtig für mich ist, dass der Auftrag interessant ist und eine Herausforderung darstellt. Später gehört unbedingt dazu wie die Unterstützung der Familie, denn oft bedeutet die Arbeit an einem Film, über längere Zeit nicht zu Hause zu schlafen.
Jürgen Plötzner:
Wenn Du zugesagt hast, wie bereitest Du Dich auf das Projekt vor?
Christian Klopp:
Das hängt von der Zeit ab, die als Vorbereitung zur Verfügung steht. Ich lese das Drehbuch, treffe mich mit der Regie, spreche mit den Departments, sehe mir die Motive an, an denen gedreht werden soll, schreibe Equipmentlisten, sehe mir Filme an, recherchiere in Büchern, spreche mit anderen Kameraleuten etc.
Jürgen Plötzner:
Hast Du, wenn Du das Drehbuch liest, eine feste Vorstellung, wie Du das filmen solltest, oder läßt Du Dich spontan bei der Arbeit von Situationen oder Stimmungen leiten?
Christian Klopp:
Interessante Frage. Wenn ich früher meine Hausaufgaben gut gemacht habe, bin ich auch gern zur Schule gegangen. So ist es geblieben. Eine gute Vorbereitung ist zweifellos das Ergebnis von Erfolg. Das bedeutet allerdings nicht, dass für spontane Ideen kein Platz ist. Einige Drehbücher bringen mich bisweilen auf verrückte und gewagte Ideen für deren Umsetzung („Das muß man so machen“), andere inspirieren mich nicht so sehr. Film bleibt eine Teamarbeit, und so gibt es eine Abstimmung darüber, wie Dinge realisiert werden können und sollen. Eine meiner zuverlässigen Gaben möchte ich als „inneres Wissen“ bezeichnen, etwas, worauf ich mich absolut verlassen kann. Wenn mir selbst bis zum Dreh nichts einfallen wollte, weiß ich intuitiv nach der Probe, was ich machen muß, wie die Bewegung aussieht, wo das Licht steht etc.
Jürgen Plötzner:
Du mußt sehr eng mit dem jeweiligen Regisseur zusammenarbeiten. Wie funktioniert das im einzelnen?
Christian Klopp:
Einzeln hieße das, jeden Regisseur mit seinen jeweiligen Vorlieben zu entlarven. Ich habe es gern, wenn auch privat über den Film hinaus ein Gespräch stattfindet, die Besprechungen entspannt in angenehmen Rahmen ablaufen und gegenseitig Inspiration geschieht. Wenn ein Regisseur gar nicht redet, muß ich damit allerdings genauso klarkommen wie mit einem, der nicht mehr gehen will und ohne Schlaf auszukommen scheint. Wie es auch ist, ich versuche nach Kräften, mich darauf einzustellen.
Jürgen Plötzner:
Gibt es Regisseure, mit denen Du besonders gern arbeitest und Regisseure, die Dir nicht so sehr liegen?
Christian Klopp:
Ja
Jürgen Plötzner:
Wie wichtig ist der Kameraassistent für Dich?
Christian Klopp:
Der Kamera-Assistent ist einer der wichtigsten Mitarbeiter für mich, er soll meine Bildsprache verstehen, um selbständig vorausschauend arbeiten zu können. Er kann mir große Sicherheit geben, wenn er seine Aufgabe gut erfüllt und ich mir nicht ständig Gedanken darüber machen muß, ob eine Einstellung so umzusetzen ist, wie ich es mir vorstelle. Seinem Talent, seiner Geschicklichkeit und Schnelligkeit obliegt es zu einem großen Teil, ob eine Aufnahme technisch gelingt. Er oder sie greift unmittelbar in die Bildkomposition ein und hat es damit buchstäblich in der Hand. Neben fachlicher Kompetenz schätze ich einen nicht zu exponierten Auftritt am Set, was den Kreis der Bewerber deutlich einschränkt.
Jürgen Plötzner:
Für die Bildgestaltung ist die richtige Beleuchtung ein sehr wesentliches Kriterium. Gibst Du den Beleuchtern vor, wie es sein sollte?
Christian Klopp:
Beleuchtung an sich ist ein Thema, das Bücher füllt. Das Drehbuch gibt grundsätzlich die Unterscheidung Tag/Nacht vor, ab dann ist es ein künstlerisches Einverständnis. Da ich logische Lichtführung sehr schätze, glaube ich, schnell verstanden werden zu können. Die Lichtrichtungen ergeben sich fast von selbst, ich arbeite am liebsten im Gegenlicht (aus vielerlei Gründen) und bei Tagdrehs geht es vom Aufwand her stets eher um Schadensbegrenzung denn um künstlerische Gestaltung. Grelle Sonne erfordert mehr Aufwand als bedeckter der Himmel. Bei Nacht habe ich eine klare Vorstellung davon, was ich nicht mag – das bringt mich meist dahin herauszufinden, was mir gefällt. Der Oberbeleuchter ist stets an meiner Seite, arbeitet selbständig und ist mein drittes und viertes Auge, wenn ich in der Eile etwas übersehen sollte.
Jürgen Plötzner:
Macht es Dir Spaß, für die Serie „Küstenwache“ zu arbeiten?
Christian Klopp:
Diese Frage hätte ich fast überlesen, denn sie ist sicherlich rhetorisch gemeint, oder? Das Filmprojekt, welches mir mehr Spaß macht, muß erst noch geschrieben werden. Das Team ist freundlich und gut, die Geschichten gefallen mir, die Gegend schätze ich sehr und ich bin sehr froh, auf Film drehen zu können.
Jürgen Plötzner:
Üblicherweise ist der Kameramann auch bei der Postproduktion beteiligt. Oftmals hast Du aber schon mehr als einen Block nacheinander gedreht, so daß Du hier in Neustadt bleiben mußtest. Wie funktioniert das in diesem Fall?
Christian Klopp:
Bisher ging die Arbeit hier mit den Terminen in Babelsberg bei der Lichtbestimmung gut aus. Flexibilität ist auch hier gefragt, bis hin zur optionalen Wochenendschicht.
Jürgen Plötzner:
Gibt es Kollegen, die für Dich ein Vorbild sind?
Christian Klopp:
Natürlich gibt es Kameramänner, deren Arbeit ich sehr schätze und sogar bewundere. Diejenigen, die ich persönlich kennen lernen konnte, zeichnen sich durch Menschlichkeit und „Visionen“ aus, sie haben eine Art eigener Philosophie und sind ausnahmslos älter bis deutlich älter als ich, was sich beruhigend auf mich mit meiner Vorstellung von Karriere als Kameramann auswirkte.
Jürgen Plötzner:
Welche Produktion hast Du besonders gern gemacht?
Christian Klopp:
Im Nachhinein bin ich stolz darauf, bei einigen Produktionen mitgearbeitet zu haben, die später öffentlich Würdigung und Preise erhielten. Doch ist das niemals der Ansporn. Gern habe ich an zwei Kinofilmen in Polen gearbeitet und an einem Kinofilm in Deutschland und Amerika, allerdings noch als Kameraassistent. Produktionen, die mich inhaltlich ansprechen, nenne ich bevorzugt. Wenn ich mich künstlerisch einbringen kann, ist das für mich das Größte. Die Arbeit an „komm näher“ habe ich sehr gemocht und in jüngster Zeit die Arbeit an der „Küstenwache“.
Jürgen Plötzner:
Gibt es ein Wunschprojekt, das Du gern machen würdest?
Christian Klopp:
Gern mächte ich der „Küstenwache" noch ein wenig erhalten bleiben. Als weiteren Schritt auf der Leiter nach oben würde ich mir die Arbeit an einem Neunzig-Minüter zumuten und –trauen, gerne einem Tatort.
Jürgen Plötzner:
Fühlst Du Dich hier in Neustadt und beim Team wohl?
Christian Klopp:
Das Team ist ein bisschen wie eine Familie, in der ich mich unterdessen aufgehoben und angenommen fühle. Wie bei einer Familie ist es jedoch anfangs nicht ganz einfach, „hinein zu kommen“.
Neustadt kenn ich aus Kindertagen schon, meine Eltern hatten einen Wohnwagen am Südstrand. Ich erinnere mich daran, dass ich dort im Radio vom Tode Elvis Presleys und Marc Bolan gehört habe.
Jürgen Plötzner:
Diese Arbeit erfordert ständige Konzentration und sehr viel Geduld. Macht Dir Deine Arbeit Freude?
Christian Klopp:
Hier mal ein allgemeiner und ernst gemeinter Rat: Wenn Dir Deine Arbeit keinen Spaß macht, lass es bleiben. Sieh nicht auf das vermeintlich sichere Geld sondern frage Dich ehrlich, ob das, mit dem Du den Großteil Deiner Zeit verbringen wirst, etwas mit dir zu tun hat?
Ich mächte nichts NICHTS anderes machen. Ohne Freude gibt’s keine Konzentration und Geduld und keine guten Filme.
Jürgen Plötzner:
Wenn Du zu Dreharbeiten für die „Küstenwache“ kommen mußt, wo wohnst Du dann?
Christian Klopp:
Die Frage möchte ich nicht beantworten, denn 1. muß ich nicht kommen, sondern möchte es (sehr, sehr gern sogar) 2. wohne ich an einem der schönsten Orte, die ich mir zum Wohnen denken kann. Ich blicke auf die See, bin abgeschieden und doch mittendrin. Wo, darf ich nicht bekannt geben, wie soll ich mit all den Fans fertig werden?
Jürgen Plötzner:
Du bist durch Deinen Beruf oft nicht zu Hause. Fällt Dir die Trennung von Deiner Familie und Deinen Freunden schwer?
Christian Klopp:
Alles im Leben hat seinen Preis. Freundschaften erhalten sich auch, wenn man sich nicht täglich sieht. Ich bin gern unterwegs und auf Reisen, neue Orte und Abwechslung inspirieren mich. Glücklicherweise ist meine Frau oft dabei, wenn ich unterwegs bin.
Jürgen Plötzner:
Was tust Du am liebsten in Deiner Freizeit?
Christian Klopp:
Ich bin gern daheim, lese, schaue Filme, gehe ins Kino, treffe Freunde, laufe, gehe spazieren, fahre Motorrad, reise, träume vor mich hin, tanze, singe, fotografiere, versuche mich weiterhin auf dem Einrad usw.
Jürgen Plötzner:
Welcher Film hat Dir besonders gut gefallen?
Christian Klopp:
Der Film, an dem ich gerade arbeite. Zu meinen Lieblingsfilmen (Filme, die ich mehrmals hintereinander sehen könnte) gehören „the midnight run“ von Martin Brest und „road to perdition“ von Sam Mendes. Doch gibt es noch viele mehr...
Jürgen Plötzner:
Welches Buch hat Dir besonders gut gefallen?
Christian Klopp:
Die Bücher von Paulo Coelho haben mich besonders erfüllt.
Jürgen Plötzner:
Wenn Du verreist, gibt es da ein Lieblingsziel?
Christian Klopp:
Eines, welches ich bereits kenne, ist die Schweiz. Kanada ist eines der nächsten noch unbekannten Ziele.
Jürgen Plötzner:
Welche Musik hörst Du besonders gern?
Christian Klopp:
Zum Hören Keith Jarrett „the Köln Concert“, zum Tanzen Barry White, Bob Marley, Abba und AC/DC, zum Mundharmonikaspielen Bob Dylan und Neil Young, zum Mitsingen Simon & Garfunkel und Cat Stevens, zum Träumen Pink Floyd und die frühen Genesis.
Jürgen Plötzner:
Die Drehtage sind sehr lang. Wie hältst Du Dich fit für Deinen Beruf?
Christian Klopp:
Ich halte mich fit durch meinen Beruf, er stellt sowohl mentales, als auch physisches Training für mich dar. Energie und Motivation generieren sich quasi aus der Freude am Tun. Am Ende eines Tages muß ich eher runterkommen als wieder rauf. Ansonsten achte ich auf ein regelmäßiges Leben mit genügend Schlaf, wenig Alkohol, wenig Kaffee, wenig Zucker und viel Bewegung an der frischen Luft. In letzter Zeit entzückt mich auch die Arbeit im Garten.
Jürgen Plötzner:
Ich bedanke mich sehr herzlich für dieses Interview und wünsche Dir und Deiner Familie alles Gute und noch viele interessante Aufträge!
Foto: emr
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